„Hinter mir steht eine anerkannte und erfahrene Organisation“

Marie Becher studierte in Berlin Islamwissenschaft, Politikwissenschaft und VWL. Ehrenamtlich hat sie bei pbi Deutschland und pbi Spanien mitgearbeitet. 2008/2009 verbrachte Marie ein Jahr als Freiwillige im Kolumbienprojekt, wo sie im Team in Urabá tätig war. Folgenden Text hat sie während ihres Freiwilligendienstes geschrieben:

„Seit Mai 2008 arbeite ich als Freiwillige im Kolumbienprojekt von pbi, im Team Urabá, ein Krisengebiet im Norden des Landes. Wir bieten Schutzbegleitung für die Friedensgemeinde San José de Apartadó, die „Gemeinschaft für Selbstbestimmung, Leben und Würde von Cacarica” und die kolumbianische Menschenrechtsorganisation „Gerechtigkeit und Frieden”. Bei meiner Ankunft ist mir bewusst geworden, dass mir pbi – Deutscher Zweig e.V. sehr gute Möglichkeiten zur Vorbereitung geboten hatte. Durch verschiedene Seminare (z. B. zum Thema Lobbyarbeit), Aktivitäten in der Lokalgruppe (z. B. Organisation von Besuchsreisen aus Projektländern) und nicht zuletzt das „Ausreisecoaching“ waren mir manche Aspekte der Arbeit von pbi bereits vertraut.

In Urabá verbringe ich im Durchschnitt zwei Wochen im Monate in den Dörfern und Gemeinden, wo vor allem unsere sichtbare Präsenz zählt. Die restlichen zwei Wochen beschäftigen mich Büroarbeit, Gespräche mit Militär, Polizei, zivilen Autoritäten und anderen NRO, politische Analyse und die Erarbeitung von Artikeln.

Mein Team arbeitet in diesen Monaten sehr viel, weil die aktuelle Situation für die begleiteten Organisationen äußerst bedrohlich ist. Trotz des Stresses, geht es dem Team gut. Wir teilen die Arbeit gut untereinander auf und sprechen regelmäßig über die inneren Spuren, die die Verleumdungen, Drohungen und Morde bei jeder und jedem von uns hinterlassen. Dafür können wir auch auf die Psychologin des Projektes hundertprozentig zählen. Wir freuen uns auch gemeinsam, wenn wir merken, dass wir als Team unseren Teil dazu beitragen, dass pbi politischen Druck aufbauen kann, damit der kolumbianische Staat die Menschenrechte seiner Bevölkerung respektiert und schützt. Deshalb bin ich auch kaum noch aufgeregt, wenn ich zum Beispiel ein Gespräch mit einem General führen muss: Ich weiß, dass er weiß, dass hinter mir eine anerkannte und erfahrene Organisation steht. Viel Kraft schöpfe ich auch aus den persönlichen Beziehungen zu den Begleiteten, mit denen ich viele Gespräche führe, deren Mut mich zutiefst beeindruckt und aus deren Erfahrungen ich sehr viel lernen kann.

Ich telefoniere regelmäßig mit meiner Familie und Freund_innen in Deutschland. Vor meiner Abreise dachte ich, dass ich mehr Kontakt zu pbi – Deutscher Zweig e.V. haben würde. Leider ist das in den letzten Monaten völlig untergegangen. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich mehr Unterstützung brauche, aber ich beobachte mit Besorgnis, dass man hier vor Ort leicht aus dem Auge verliert, dass die Beziehung zwischen Projekten und Ländergruppen sehr wichtig ist. Auf konkrete Anfragen (Artikel, Fotos,…) werde ich stets versuchen, zu reagieren. Wenn ich an meine verbleibende Zeit als Freiwillige denke, hoffe ich, dass die Wochen weniger schnell verfliegen, als sie es im Moment tun. Derzeit steht für mich keine Aufgabenveränderung an. Manchmal denke ich bereits an meine Rückkehr nach Deutschland und bin sehr froh, dass pbi – Deutscher Zweig e.V. seinen Freiwilligen die Möglichkeit bieten kann, ihre Erfahrungen in den Lokalgruppen, in der Geschäftsstelle und / oder im Schulprojekt weiterzugeben und einzubringen. Ich bin mir bereits jetzt sehr sicher, dass dies eine große Hilfe in einer gewiss nicht leichten Situation sein wird.“